Unter dem Motto „Faszination Zinn“ fand vom 14. bis 16. Juli 2022 das 5. Symposium und Sammlertreffen für altes Zinn in München statt. Hauptveranstaltungsort war das Bayerische Nationalmuseum.
Die Vorträge lieferten zahlreiche neue, teils überraschende Erkenntnisse. Ein Vormittag war dem Zinn der Region gewidmet. Otto A. Baumgärtel belegte anhand nicht publizierter Spitzenstücke die hohe Qualität der Zinnerzeugnisse, die seit der Spätgotik zwischen Ulm und dem Innviertel entstanden. Er ging zudem auf spezielle Markensysteme und einige Städte ein, über deren Zinn und Zinngießer bisher wenig oder nichts bekannt war. Robert Weis stellte eine kleine Typologie des Münchner Zinns vor. München, Sitz einer Hauptlade, lieferte vor allem in der Barockzeit „typisch oberbayrisches“ Zinn, das zweckmäßig, solide und beispielhaft formschön ist. Raphael Beuing erläuterte die Zinnsammlung des Bayerischen Nationalmuseums, das bereits vor 1900 einen großen und bedeutenden Bestand aufbaute. Die Objekte sind zwar gut bearbeitet, doch unzulänglich publiziert und zurzeit kein Bestandteil der Schausammlung.
Ein weiterer Vormittag rückte kulturgeschichtliche Kontexte des Zinns in den Vordergrund. Anhand von Bildbelegen und zeitgenössischen Inventaren wurde deutlich, dass das Zinn früherer Jahrhunderte ein Wertgegenstand und repräsentatives Gebrauchsgut des Adels, wohlhabender Bürger und Handwerker sowie der Kirchen und Klöstern war. Das Schlagwort vom ’Silber des kleinen Mannes’ entspricht ganz und gar nicht der Realität. Markus Walz analysierte die häufigen Erwähnungen von Zinngerät in Gerichtsakten im Münsterland. Dietrich Maschmeyer berichtete über die Kaffeekultur im Norden und Westen Deutschlands und die dort verbreiteten Gerätschaften aus Zinn. Frieder Aichele wies darauf hin, dass die hohe Sammler-Nachfrage nach Zinn der Zünfte und Handwerke seit um 1870 Fälscher auf den Plan rief. Die problematischen Stücke sind längst nicht überall aussortiert.
An den drei Nachmittagen ging es um den praktischen Umgang mit den Objekten: die Zinn-Sarkophage für Mitglieder des bayerischen Herrscherhauses in der Fürstengruft von St. Michael, rund 70 Originale aus den Sammlungen des Münchner Stadtmuseums und des Bayerischen Nationalmuseums sowie etwa 50 Münchner Zinngegenstände des 16. bis 18. Jahrhunderts aus zwei Privatsammlungen. Besonders rege Diskussionen gab es bei den Kurzreferaten und einem moderierten Meinungsaustausch zum Thema „Zinn restaurieren“.
Das Rahmenprogramm ließ viel Raum für das persönliche Kennenlernen. Eine Publikation der Vorträge ist geplant.
Die mehr als 40 Teilnehmer – Zinnforscher, Museumskuratoren und Sammler – freuen sich schon jetzt auf das 6. Symposium und Sammlertreffen für altes Zinn, das 2023 an einem Museum mit einer bedeutendem Zinnsammlung veranstaltet wird. Es steht allen Interessenten offen (zinn-symposium@gmx.de).